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die TRAISEN ein Ausstellungsprojekt am ehemaligen Donauzugschiff TRAISEN, Stadthafen Linz, 2009
www.dieTraisen.at

Willkommen auf der TRAISEN © bernadette huber Willkommen auf der TRAISEN © bernadette huber
Willkommen auf der TRAISEN © bernadette huber Willkommen auf der TRAISEN © bernadette huber

Ausstellung: Die TRAISEN
Konzeption und Gestaltung: Bernadette Huber
Ort: Hafeneinfahrt Linz

2009

Logbuch der TRAISEN
Typenschein: Technische Hauptdaten schwimmender Geräte
Gattung: Remorkör, Kennzeichen A-40422
Baujahr: 1958
Baustoff: Stahl
Länge: 52,07 m Breite: 7,51 m
Wasserverdrängung leer: 266 Tonnen
Wasserverdrängung voll: 400,5 Tonnen
Größte Belastung: 60 Personen

Willkommen - Welcome in den Sprachen der Donauländer - und in Litauisch als Gruß an die andere Europäische Kulturhauptstadt 2009 - lädt die BesucherInnen über den roten TRAISENTeppich auf das eiserne Schiff.
Ein Video im Donauwalzer und rhythmisierenden Lärm der Maschine zeigt Bilder der Instandsetzung.
Als Industriedenkmal (1) binnen zweier Jahre mittels Transitarbeitsplätzen in einem Projekt des FAB Reno OÖ (gefördert durch das AMS OÖ) von Arbeitslosen renoviert, die an Bord geholt wurden, um sich und den Kahn wieder flott zu bekommen, beschreibt das Schiff als Metapher die hermeneutische Veränderung im Selbstverständnis von Linz selbst, greift den Diskurs mit seiner Geschichte als Industriemetropole auf. Großflächige Fotos unter den Bullaugen präsentieren raumgreifend historische Details in Nahaufnahme, die Fundstelle eines Schmugglerverstecks ist im Kabinenabgang zu sehen. Den Fund, Alkohol (eine Flasche Plumbrandy, leer, eine Flasche Stari Graniêar. Pravi Biljni Liker. BADEL, voll), Zigaretten (eine volle aber geöffnete Packung Smart) und ein Rollmeter hat Bernadette Huber zum Objekt werden lassen. Ein Monitor überträgt synchron Bilder der Donauoberfläche, bringt Innen und Außen in Verhandlung, unter dem Wasserspiegel trockenen Fußes richtet sich der Blick auf das Kräuseln und Plätschern, Branden und Glucksen, da oben jenseits der Stahlhaut.
Im Badezimmer, dringt der Fluss zwar nicht aus den Hähnen und Brausen, - das Nutzwasser zirkuliert in seinem eigenen Kreislauf - schwappt aber als Textbrocken an die Wände: Donauwasser, Hafenwasser. Und in der Messe schlagen die Vorhänge textile Wellen und buchstabieren das Wort TRAISEN. In einem schlichten digitalen Holzrahmen wechseln die Standbilder, Portraits jener Menschen, die das Schiff in über 50.000 Arbeitsstunden instand setzten. Aus einem Monitor nennen sie parallel zur Geschichte des Bootes ihr Baujahr, Gewicht und die Monate auf Trockendock.
Der stampfende Puls der beiden Motoren im Maschinenraum ist als Audioinstallation abrufbar. Kraft, Bewegung und Rhythmus werden in ihrer männlichen Konnotation mit feiner Ironie durch zwei Matrosen-Pin-ups unterlaufen. Aus einem weiteren Monitor kommt Seemannsgarn, fischt der alte Maschinist in den Strudeln des Erzählflusses: "Vier Wochen bis vier Monate waren die Männer früher unterwegs, länger im Winter, wenn die Donau vereiste, wenn die Traisen gegen die Drift ankämpfte, durch die Stromschnellen am Eisernen Tor manövrierte, wenn dem Zugschiff zu Berg noch eine Eisenbahnlok vorgespannt werden musste..."
Im Dienst von Kunst und Kultur liegt sie nun seit Jahresbeginn in Linz in der Hafeneinfahrt.

Gestaltet wurde die Schau am liebevoll entrosteten Bootskörper mit Sinn und Sinnlichkeit von der Medienkünstlerin Bernadette Huber (2).
Sie bedient sich der Mittel der Interaktion im öffentlichen Raum und integriert in ihre Arbeit den Stahlkörper der TRAISEN als Ausstellungsobjekt selbst. Sie verbindet Innen und Außen, Wasser und Schiff, reflektiert Funktion und Geschichte, und gestaltet aus 1000en Dokumentationsfotos und mehrstündigen Videoaufzeichnungen der Renovierungsphase eine informative und dennoch fließende multimediale Schau, die ironisierend die großen Mythen von Schifffahrt und Abenteuer anklingen lässt.
Wie dünn die Außenhaut, wie durchlässig die Schutzhülle ist, die Fracht und Mensch von den Fluten trennt, bleibt immer schwebend, metaphorisch bewusst.

(1) Das Schiff wurde über zehn Jahre von der ÖGEG, der Österreichischen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte, vor der Verschrottung bewahrt.

(2) Bernadette Huber (www.bernadettehuber.at)
1962 geb. in Linz; arbeitet als freiberuflich tätige Künstlerin in den Bereichen digitales Video, digital imaging, webprojekte, Installation, Objekte, Kunst im öffentlichen Raum, künstlerische Fotografie diverse Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, zahlreiche Teilnahmen an Film-, Video- und Medienkunstfestivals.
Huber richtete bereits 1998 in ihrer Arbeit am Werndl-Denkmal in Steyr gemeinsam mit Tassilo Blittersdorff temporär eine interaktive Reflexion zum Thema des industriellen Gestus im Wandel der Zeit ein. (Josef Werndl, 1831 als Sohn eines Büchsen- und Armaturenerzeugers in Steyr geboren, entwickelte den „Tabernakelverschluss“ für ein Hinterladergewehr, das er in riesigen Stückzahlen an die k. u. k. Armee lieferte.1864 gründete er eine Waffenfabrik und wandelte die Firma schließlich zur Aktiengesellschaft um. Mit seinem Wirken vollzog sich der Wandel vom Handwerk zur Industrie.)

Eva Zernatto, 2009




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